Aufklärung und Empfindsamkeit 1720 - 1785

Das Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert wird heute als Beginn der Moderne betrachtet. Als die fortschrittlich gesinnten Gelehrten und Schriftsteller des frühen 18. Jahrhunderts für die neue Geistesbewegung einen Namen suchten, der auch von Nichtgebildeten verstanden werden konnte, bot sich ihnen das Verb 'aufklären' als Vergleichswort an. Wie das Licht der Sonne die Dunkelheit vertreibt und alles deutlich erkennbar macht, aufklärt, so sollte das helle Licht der Vernunft die Finsternis des Aberglaubens, der blinden Untertänigkeit, der Unduldsamkeit und dumpfen Triebhaftigkeit besiegen. Um die Mitte des Jahrhunderts war das damals neu gebildete Nomen  „Aufklärung“ bereits zu einem Schlagwort geworden.
Entscheidend für die Aufklärung war die Bildung einer neuen sozialen Schicht, nämlich die des Bürgertums, das durch Handel, Bankgewerbe und durch das eben erst aufkommende Industriewesen zu Reichtum gelangte und dadurch soziales Prestige entwickelte. Das System des Feudalismus stelle sich als überholt heraus, außerdem fühlte sich das neue Bürgertum durch literarische Bildung und moralische Lebensgrundsätze dem Adel überlegen. Von diesem Standpunkt aus forderten die politisch einflusslosen Bürger eine Mitbeteiligung im Staatswesen, die nach harten Auseinandersetzungen gewährt oder erzwungen wurde. Dabei berief sich das Bürgertum auf die Aufklärung.
Die Aufklärung war eine gesamteuropäische Bewegung, die zwar von den verschiedenen Vertretern unterschiedlich aufgefasst wurde, ihre wesentlichen Grundsätzen waren jedoch allen gemeinsam: die Berufung auf die Vernunft als Maßstab des persönlichen und gesellschaftlichen Handels, Hinwendung zum Diesseits (man ließ sich nicht mehr damit abspeisen, dass man für seine Mühen und Qualen erst im Jenseits belohnt wird, und dort ein besseres Leben führen wird, während der Adel dies schon zu Lebzeiten besitzt), positives Menschenbild, Gleichheit aller Menschen, Einforderung der Menschenrechte für alle Menschen, Religionskritik (vor allem der Einfluss der Kirche auf die Erziehung, Vernunftreligion).
Wichtig wurde auch die Entwicklung neuer Denkweisen, die in zwei philosophischen Richtungen Gestalt annahmen, im französischen Rationalismus und dem englischen Empirismus. Zusätzlich wurde der alte Gedanke des Naturrechts wieder aufgenommen und neu durchdacht. Er führte zu der Auffassung, dass jeder Mensch von Natur aus bestimmte, „natürliche“ Rechte besitze. Obwohl die Aufklärung eine gesamteuropäische Entwicklung war, hatte sie nicht überall den gleichen Erfolg. Einen großen hatte sie in Frankreich, wo sie durch die neu begründete Lehre vom Staat (Gewaltentrennung), unmittelbar in eine sozialpolitische Veränderung (französische Revolution) führte. Ein ebenfalls wichtiger Standpunkt für die Aufklärung war die Forderung nach Toleranz, die der Religion als auch der Erziehung zum Ziel gesetzt wurde. Der Erziehung widmeten die Aufklärer ihre besondere Aufmerksamkeit, da sie die Ansicht vertraten, dass nur Bildung und Erziehung die Menschheit voranbringen könne.
Die Literatur war deshalb besonders wichtig für die Aufklärung, um die neuen Ideen und Denkanstöße zu verbreiten. Sie versuchte hauptsächlich, auf die damals sehr begrenzte Zahl von lesenden Bürger einzuwirken, und hatte dabei außer gegen die Zensur des Adels vor allem mit der Tatsache zu kämpfen, dass der Großteil der Bevölkerung gar nicht lesen konnte. Dennoch wurde die Aufklärung eine geistige Bewegung, die Grundsätze schuf, die bis in unser Jahrhundert Bestand haben, ja, teilweise noch immer auf ihre Verwirklichung warten. Die höfisch geprägte Literatur des 17. Jahrhunderts war durch Volksferne, Realitätsverlust, Künstlichkeit und Motivarmut gekennzeichnet. Sie sprach deswegen mit ihren „Haupt- und Staatsaktionen“, verwirrenden Helden- und Schäferromanen und ihren schwülstigen erotischen Gedichten immer weniger Menschen an und wurde allmählich ersetzt. Die Fürsten entließen ihre Hofpoeten und Hofdichter, stattdessen wurden in den großen Handelsstädten, die sich neben den Höfen zu Kulturzentren entwickelten, neue eigenständige literarische Gesellschaften gegründet. Statt eines fürstlichen Mäzens traten nun Bürgerliche als Geldgeber auf, die literarische Werke in Auftrag gaben, die dem Sinn der Aufklärung entsprachen.
Demzufolge sollte die Literatur den Zweck erfüllen, Menschen zu bilden, zu erziehen, aber auch zu unterhalten. Dafür musste der Dichter ein gelehrter Mann sein, sich an Regeln halten und sich selbst durch den Verstand kontrollieren. Die verschiedenen literarischen Gattungen wurden streng getrennt. Im Mittelpunkt der Dichtung standen Menschen, die sich durch ihren Willen und ihre Vernunft zu vollkommeneren Wesen entwickelten, so wie die Aufklärer es sich vorstellten. Nicht mehr das Lob des Fürsten und die Unterhaltung der höfischen Gesellschaft, sondern die Würdigung des bürgerlichen Lebens und die Aufklärung des bürgerlichen Lesers standen im Mittelpunkt der neuen Dichtung. Daher herrschten das Lehrgedicht, die Fabel und satirische Darstellungen vor. Sehr beliebt waren auch der Reise- und später der Familienroman. Auch der Aphorismus wurde in der Aufklärung eine verbreitete literarische Ausdrucksform.
Träger der Literatur waren die akademisch Gebildeten aus dem dritten Stand, besonders Theologen, Sprachgelehrte und Schulmänner. Viele Schriftsteller lösten sich aus der finanziellen Abhängigkeit von den Fürsten und lebten als freie Schriftsteller, wie zeitweilig zum Beispiel Lessing und Klopstock. Doch konnte am Anfang des 18. Jahrhundets der Großteil der Bevölkerung weder lesen noch schreiben, und die wenigen Bürger, die es konnten, beschränkten ihre Lektüre auf die Bibel und sonstige religiöse Schriften. Noch um 1770 konnten nur 15 % der Bevölkerung lesen, gegen 1800 waren es 25 %. Der Kreis derer, die schöne Literatur lasen, war natürlich noch klein. Es mussten daher erst ein breites Lesepublikum und damit eine literarisch interessierte Öffentlichkeit geschaffen werden, um die erwünschten Wirkungen erzielen zu können.